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Mensch darf es sich nicht zu einfach machen!

Goran Huber und der GASTWIRT – das ist echte Freundschaft, Respekt und gegenseitiges Geben und Nehmen. Entstanden 2007, kurz nachdem Goran das erste Mal als Sieger aus der österreichischen Baristameisterschaft hervorgegangen war. Klarer Fall für eine Coverstory – und der Rest ist Geschichte.

 

Goran Huber, Jahrgang 1964 kommt 2000 als Verkaufsleiter
für einen großen Kaffeeröster das erste Mal enger in Kontakt
mit Kaffee. Wofür der österreichische Endverbraucher noch eine
Weile brauchen wird, begreift Huber sofort: Da gibt es 1000e Geschmacksvarianten
und beinahe alle kann „Mensch“ beeinflussen.
So charmant kann gendern sein…

Die Kaffeewelt hat einen Tüftler gefunden, einen Kaffeeverrückten, der alles, was er angeht mit größter Perfektion erledigt. Einige Male hat er den GASTWIRT vertröstet: „Sorry, aber das ist ein komplexes Thema, damit muss ich mich erst genauer beschäftigen… Wenn ich fertig bin, darfst du es bringen!“ Wir haben immer geduldig gewartet und waren trotzdem immer unter den ersten: Cuptastings von Reinsorten für Endverbraucher, Coldbrew, verschiedene Wasserqualitäten und ihre Auswirkungen, der Zauber vom Selberrösten – Goran Huber lieferte jedes Mal so viel interessanten input, dass
es richtig schwierig war, da etwas wegzukürzen.

2009 ruft Goran Huber die erste Tiroler Baristameisterschaft ins Leben. Im Rahmen der fafga in Innsbruck ausgetragen, wurde die Veranstaltung zunächst belächelt, jetzt zieht sie jedes Jahr hunderte Besucher an und freut sich über internationalen Zuspruch seitens der Teilnehmer. Mittlerweile gibt es nicht nur die klassischen Bewerbe wie „Barista“ und „Latte Art“, Huber hat auch einen Servicebewerb erfunden, der das richtige Leben abbildet und – das war ihm besonders wichtig – wenig Vorbereitung erfordert. „Bis Mensch fit ist für eine Baristameisterschaft, dauert es zumindest ein Vierteljahr, beim „Cafetier des Jahres“ können Baristi, Gastronomen, Gastronomiemitarbeiter sowie Gastronomie- und Tourismusschüler teilnehmen – ohne aufwändiges Training.“ Der Erwerb erfreut sich mittlerweile größter Beliebtheit, genau wie die „Filter Coffee Challenge“ die 2019 zum vierten Mal stattfand.

Die menschliche Komponente – das betont Goran Huber gerne und immer wieder, sei auch das, was ihn an seiner Schulungstätigkeit so fasziniere. „Ich arbeite mit so vielen unterschiedlichen
Charakteren, mit ganzen Firmenbelegschaften, ich bilde Laien aus und Profis weiter. Das ist so ein schönes Gefühl, wenn da Freundschaften entstehen und die Menschen, die bei mir gelernt haben über Jahre mit ihren Kaffeefragen immer wieder zu mir kommen.“ Goran Hubers Kaffee-Institut in Innsbruck ist tatsächlich nicht nur aufgrund seines grandiosen Ausblicks auf die Nordkette etwas Besonderes. Als eines der wenigen Schulungszentren seiner Art ist es absolut marken- und firmenneutral. „Ich habe Maschinen verschiedener Anbieter und Partner in meinem Ausbildungszentrum. So kann jeder zu mir kommen und die Technik so perfektionieren, wie er es für seine Maschine braucht.“

Als erster in Österreich bietet Goran Huber die Ausbildung zum Coffee-Master an und freut sich schelmisch, wenn seine Schüler gegen Ende ein bisschen ächzen und stöhnen. „Bei mir kriegt keiner sein Zertifikat geschenkt, dafür kann jeder Teilnehmer sich darauf verlassen, dass er am Ende was weiß über Kaffee – dafür stehe ich mit meinem Namen.“ Beschwichtigend setzt er nach: „Ich bin nicht
bös‘, nur genau…“

Selbstredend schart Goran Huber eine Menge Talent um sich. Erstens sei die österreichische Kaffeecommunity noch sehr jung und entsprechend überschaubar, zweitens würden sich Kaffeeleute einfach gerne austauschen und fachsimpeln. „Es gibt in Österreich so viele, die sich mit Kaffee richtig gut auskennen. Vielleicht ist es nicht mehr ganz so wie noch vor zehn Jahren, wo es sich angefühlt hat wie Familie, aber wir sind alle ein Stück des Weges gemeinsam gegangen, wir wollen alle das Thema weiterbringen und das verbindet uns.“

Die Ideen sind Goran Huber bis dato nicht ausgegangen. Wenn er sich gerade nicht mit Kaffee per se beschäftigt, tüftelt er mit Begeisterung an der Hardware: eine eigens designte Porzellan Kaffeefilterkanne geht schon auf sein Konto. Vor fünf Jahren hat er mit Walküre die „Aromakanne“ ins dritte Jahrtausend geholt. „Wir haben sie so gestaltet, dass sie ganz ohne Papierfilter funktioniert und im Kaffeehaus gut einsetzbar ist. So was macht mir Spaß, weil ich sehe, dass es in der Praxis hilft.“

Genauigkeit und unendliche Geduld zeichnen den dreimaligen Weltmeisterschaftsteilnehmer auch bei seiner größten Leidenschaft, dem Kaffeerösten aus. Da passiere es schon manchmal, dass er nachts wach liege und überlege, was er dem einen besonderen Kaffee noch an Aroma entlocken könne. „Einmal ist mir plötzlich was eingefallen, da bin ich auf, in die Rösterei gefahren und hab dann die halbe Nacht herumexperimentiert. Verrückt halt.“ Er zuckt die Schultern und gibt zu, froh zu sein, dass seine Frau so viel Geduld mit ihm hätte. Der Lohn für die schlaflosen Nächte sind Röstungen, bei denen
Huber einzelne Geschmackskomponenten richtiggehend ziseliert: Erdbeere zum Beispiel aus einem Äthiopischen Kaffee oder gerade jetzt für die Salzburger Messe die Orange, die er dem Kaffee aus Ruanda entlockt hat. Extra für die Messe habe ich eine liebe Kollegin gebeten, mir Arancini zu machen – wenn du die in den Kaffee gibst, und dann am Ende dazu isst – das ist eine Aromaexplosion, das ist großartig!“

Wenig verwunderlich, dass Goran einer der ersten war, der sich genauer mit Wasser beschäftigt hat und zwar so genau, dass er in Huberscher Manier drei Maschinen mit denselben Einstellungen und unterschiedlichen Wasserqualitäten nebeneinander installiert hat, um wirklich genau Vergleiche anstellen zu können. „Natürlich haben wieder einige gelacht, aber dann haben sie gesehen, wie groß die Unterschiede wirklich sind – und gestaunt. Wenn ich beste Qualität und besten Geschmack will, muss ich auch auf die Kleinigkeiten achten, ist so.“

Goran Huber auf den Punkt gebracht? „Mensch darf es sich nicht zu einfach machen!“