Leidenschaft für die braune Bohne
Goran Huber ist seit zehn Jahren SCAE-zertifizierter Barista und leitet ein eigenes Kaffee-Institut in Innsbruck, um sein Wissen an all jene weiterzugeben, die sich auch tiefer mit der Materie vertraut machen wollen. Dabei hat er ein waches AUge auf Trends und entwicklungen innerhalb der lebendigen Kaffeebranche.
coffee | capital: Beschreiben Sie Ihren persönlichen Werdegang in der Welt des Kaffees und wie Sie dazu gekommensind!
Goran Huber: Ich bin vor rund 16 Jahren beruflich mit Kaffee in Kontakt gekommen und habe einige Jahre im Vertrieb gearbeitet. Es war mir schon damals wichtig meine Kunden bestmöglich zu beraten und so habe ich begonnen mich näher mit dem Thema Kaffee zu beschäftigen. Je mehr ich darüber wusste, umso mehr wuchs mein Interesse, erste Exkursionen zu Plantagen folgten und daraus entstand eine Leidenschaft, die mich bis heute in ihrem Bann hält.
Seit 2006 bin ich SCAE-zertifizierter Barista, wurde 2007 österreichischer Meister, nahm an der WM in Tokio teil und gründete noch im selben Jahr mein unabhängiges Kaffee-Institut in Innsbruck.
Stationen als Trainer, Prüfer und Jurymitglieder der SCAE prägen meine Werdegang ebenso wie weitere österreichische Staatsmeistertitel, eine WMTeilnahme 2010 in London, die Auszeichnung zum besten SCAE-Ausbildner in Europa (2013), sowie meine Eigenschaft als Initiator und Organisator von international angesehenen Competitions für Barista, Latte Art und den „Cafetier des Jahres“. Bislang letzter Höhepunkt meiner Kaffee-Karriere ist die Institutionalisierung der weltweit einzigartigen Ausbildungsstandards Barista Coffee Bachelor und Barista Coffee Master, die als absolut höchster Level in der Welt des Kaffees zu werten sind.
c | c: Welches sind Ihrer Meinung nach die Grundvoraussetzungen und Fähigkeiten, die man mitbringen muss, wenn man mit dem Gedanken spielt, in die Kaffeebranche einzusteigen, sei es als Barista,
Röster oder anderes? Braucht es ein gewisses Grundtalent oder ist alles erlernbar?
GH: Jeder Mensch kann Barista werden, aber man muss sehr zielstrebig sein und das Produkt Kaffee wirklich vom Grund auf kennenlernen. Bis zum Experten „Barista Coffee Master“ der sich mit Rohkaffee, Röstung, Zubereitung, Sensorik, etc. auskennt muss man schon ein paar Jahre Ehrgeiz und Engagement mitbringen. Der Weg zum guten Barista, der z.B. erfolgreich in einer Kaffee-Bar arbeitet, ist mit einigen Schulungen und mit der nötigen Praxis in etwa einem Jahr zu schaffen.
c | c: Sie sind dreifacher Österreichischer Barista Meister und leiten das Kaffee Institut, wo Sie den Nachwuchs und auch
Fortgeschrittene schulen und verschiedene Seminare anbieten. Können Sie kurz einen Überblick geben, was genau Sie anbietenund zu was die erfolgreiche Teilnahme der Trainings und Seminare befähigt?
GH: Ich biete Ausbildungen vom Basic-Barista bis zum bereits erwähnten Baris Coffee Master, der zurzeit höchsten Zertifizierungsmöglichkeit. Spezielle Fachseminare über Rohkaffee, Röstung, Sensorik, Filterkaffee, perfekte Zubereitung, Latte Art und noch vieles mehr ergänzen mein Angebot. Alle Angebote im Detail auf meiner Homepage www. kaffee-institut.at. Schulungsteilnehmer werden zu kompetenter
Beratung befähigt, lernen die Kaffee-Zubereitung zu verbessern und ihr Wissen auch weiterzugeben. Kaffee fachmännisch präsentiert, wird für den Gast zum Erlebnis und geschätzten Genuss.
c | c: Wie denken Sie als erfahrener Kaffeeexperte über Trends und Entwicklungen in der Kaffeebranche? Ist das für Sie wirklich relevant oder eher eine Erscheinung des Marktes bzw. von Vermarktungskonzepten, die die „Seele des Kaffees“ in all ihren Erscheinungsformen nicht wirklich tangiert?
GH: Kaffee liegt im Trend. Dass Kaffee so vielseitig ist und zum Beispiel fruchtigen Geschmack und Aroma haben kann, hat sich allerdings im Bewusstsein der Konsumenten erst in den letzten Jahren festgesetzt. Von den positiven Entwicklungen zu mehr Qualitätsbewusstsein profitiert die gesamte Kaffeebranche, angefangen bei den Produzenten bis hin zum Röster und schlussendlich auch der Konsument.
c | c: Was macht für Sie einen guten Kaffee und einen guten Kaffeexperten aus?
GH: Guter Kaffee muss sehr frisch und aromatisch, voller Geschmack und ein Genussereignis sein, das Lust auf noch mehr Kaffee-Erlebnisse weckt. Für diese Kaffee-Erlebnisse ist es wichtig, dass gut geschulte Barista ihr Wissen auch weitergeben, damit der konsumierende Gast die feinen geschmacklichen Nuancen bewusst wahrnimmt und lernt, seine persönlichen Präferenzen zu entdecken. Weltweit ist zu beobachten, dass besonders die junge Generation neuen Entwicklungen gegenüber sehr offen ist.
c | c: Sehen Sie nationale Unterschiede zwischen der österreichischen und deutschen Kaffeekultur, die ggf. tiefer gehen als das Vorhandensein von Kaffeehäusern? Welche regionalen Eigenheiten, auch international betrachtet, schätzen Sie besonders?
GH: Kritisch betrachtet muss man sagen: Die österreichische Kaffeekultur tritt leider auf der Stelle, wogegen sich der Trend zu Kaffee in Deutschland relativ rasch und sehr positiv entwickelt. Mit Schuld daran ist sicher, dass in einem Tourismusland wie Österreich auch an gastronomischen Fachschulen nicht ausreichend über Kaffee unterrichtet wird. Bei den regionalen Eigenheiten bleibt der Espresso in Italien in Führung. In Asien und Skandinavien wird mittlerweile auch exzellenter Filterkaffee zubereitet. Das ist etwas, was wir in Österreich jahrelang vernachlässigt haben. Filterkaffee kann sehr hervorragend schmecken, sogar besser als Espresso, wenn er richtig zubereitet wird.
In letzter Zeit wird auch bei uns in Coffee-Shops neben Espresso auch vermehr Filterkaffee angeboten wird. Das ist ein weltweiter Trend. Filterkaffee wird immer beliebter und damit sind viele neue Filtermethoden entstanden, mit denen guter, aromatischer Kaffee zubereitet werden kann. Die neue Aromakanne, die ich gemeinsam mit der Firma Walküre entwickelt habe, ist ein Beispiel dafür. Zu den regionalen Eigenheiten in Deutschland sei noch erwähnt, dass es eine Vielzahl kleiner guter Röster gibt, die sehr gute Kaffeequalitäten bieten. In Österreich dagegen wird bevorzugt längerer Kaffee, der „Verlängerte“, getrunken, deutschen Konsumenten als „Cafe Creme“ bekannt. Auch Espresso liegt im Trend und wird in Restaurants nach gutem Essen immer öfter bestellt.
c | c: Was ist Ihr derzeitiger Bohnenfavorit und welche Anbaugebiete bevorzugen Sie bzw. welchen Kaffee nutzen Sie in Ihren Seminaren?
GH: Kaffee wird in über 80 Ländern angebaut und überall gibt es guten und preisangepassten Kaffee. Trotzdem bevorzugen viele Experten, ebenso wie ich, äthiopischen Kaffee, wegen seiner vielseitigen Aromen, die unvergleichlich mit anderen Anbaugebieten sind. Das liegt an vielen Faktoren wie Varietäten, Klima, Bodenverhältnissen und noch vieles mehr. In meinen Seminaren lernen Kursteilnehmer Kaffee aus aller Welt kennen. Ich röste diesen Kaffee auch selbst, allerdings nicht zum Verkauf.
Wenn sich jemand zum Coffee Master ausbilden lassen will, ist es unumgänglich über alle Anbaugebiete und über alle Kaffeevarietäten, Bescheid zu wissen. Dazu gehört auch diese optisch und geschmacklich unterscheiden und klassifizieren zu können. Rund 150 verschiedene Kaffees aus unterschiedlichen Ländern und Regionen, viele Kaffeevaritäten sowie eine Auswahl an Jahrgängen und von unterschiedlichsten Erntezeiten sind bei mir im Kaffee-Institut für Ausbildungszwecken vorrätig. Diese Vielfalt resultiert auch daraus – und das ist mir ganz besonders wichtig –, dass ich mich zu absolute Produktneutralität und –unabhängigkeit bekenne. Auch das stellt ein wesentliches Qualitäts- und vor allem Alleinstellungsmerkmal meiner Schulungsangebote dar.
c | c: Hand aufs Herz: Wie denken Sie als Barista über Pad- oder Kapselkaffee, wie über Instantlösungen?
GH: Pads, Kapselkaffee und Instantkaffee haben durchaus ihre Berechtigung. Ich bin kein Fan davon und habe gute Gründe dafür, warum ich keines davon empfehlen würde. Alles was schnell und praktisch ist, wird von den meisten Menschen geschätzt. Schnell und praktisch ist in der Regel teurer und trotz guter Kaffeequalität die verwendet wird, frisch zubereiteter Kaffee ist anders. Ein
Vergleich von Fertiggerichten mit frisch zubereiten Mahlzeiten ist durchaus zulässig. Bei längerer Lagerung verliert Kaffee an Qualität, bei gemahlenem Kaffee wird dieser Qualitätsverlust noch verstärkt. Daran ändert auch eine gute Verpackung, wie z.B. in den Kapseln nichts. Für Instantkaffee wiederum werden ausschließlich günstige Rohprodukte verwendet. Jeder Kaffeekenner würde es ablehnen ein Extrakt aus Kaffeespezialitäten herzustellen, um es anschließend mit heißem Wasser aufzugießen.
c | c: Können Sie Kaffee noch richtig genießen wenn Sie jeden Tag damit zu tun haben?
GH: Ich genieße meinen Kaffee immer mehr, weil ich zunehmendem bewusster damit umgehe. Zum Frühstück gönne ich mir täglich einen guten Filterkaffee, den ich mir zu Hause mit der Handmühle mahle. Natürlich bereite ich den Kaffee mit der neu entwickelten Aromakanne zu, die einerseits sehr praktisch zu handhaben ist und das volle Aroma des Kaffees wiedergibt. Bei der neuen Aromakanne sind keine
Papier- oder Edelstahlfilter im Einsatz. Danach trinke ich im Kaffee-Institut noch einen oder auch mehrere gute Espresso. Ich trinke nicht mehr Kaffee als andere Menschen auch. Aber ich verkoste sehr
viel Kaffee. Das ist der große Unterschied.
c | c: Welche Entwicklungen kommen Ihrer Meinung nach noch auf die Kaffeewelt zu, wo sehen Sie Trends und wie hat sich die Wahrnehmung des Kaffees in der Öffentlichkeit Ihrer Meinung nach verändert?
GH: Kaffeekonsumenten bekommen immer mehr Informationen. Damit ist auch zu erwarten, dass auch die Qualitätsansprüche steigen. Kleine Röstereien werden mit Kompetenz und Qualität punkten, sowohl mit speziellen Röstungen als auch durch gekonnte Zubereitung, Präsentation und Information. Damit können sich Röstereien auch wirtschaftlich gut positionieren. Und die Gastronomie wird nicht daran vorbeikommen, umzudenken, umzulernen und das Personal exzellent zu schulen. Das muss bereits in den Fachausbildungen für die Gastronomie beginnen und in den Unternehmen fortgesetzt werden.
c | c: Vielen Dank für das Gespräch!